Die Firma Gründach Westerwald GmbH & Co. KG, befasst sich seit über 20 Jahren mit dem Bau von begrünten Dächern. Im Fokus stehen für die Firma Nachhaltigkeit, Artenvielfalt, Einbeziehung der naturräumlichen Umgebung und kurze Transportwege. Das Projekt „ICO Logistikzentrum Obernburg“ steht dafür beispielhaft: In Zusammenarbeit mit dem Bauherren Mainsite und dem Stadtökologen Dr. Stephan Brenneisen von der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist so im Jahr 2019 das größte Gründach Bayerns und gleichzeitig das größte Biodiversitäts-Dach Deutschlands entstanden.
Extensive Dachbegrünungen werden in Deutschland meist nur angelegt, weil es im Bebauungsplan vorgeschrieben ist. Dabei wird jedoch oft nicht spezifiziert, wie ein solches Gründach auszusehen hat und welche Eigenschaften es erfüllen sollte. In der Regel erfolgt die Ausführung daher in ihrer einfachsten Form: das Substrat – eine speziell gemischte Pflanzerde – wird als gleichmäßige Schicht aufgebracht und mit niedrig wachsenden Sedum-Arten (Dickblattgewächse mit Wasserspeicher-Fähigkeit) bepflanzt. Der Kunde erwartet dann eine gleichförmige „Teppich“-Optik, die sich nach der Fertigstellung in ihrer Erscheinung möglichst nicht mehr verändert. Doch diese eintönige Vegetation bietet kaum Anreize für Flora und Fauna. Zudem ist ein großer gärtnerischer Aufwand und intensive Pflege notwendig, da es zu einem ständigen Sameneintrag durch Wind, Vögel und Insekten kommt.
Die Grundidee bei dem Projekt „ICO Logistikzentrum Obernburg“ war die Entwicklung einer technisch einfachen und kostengünstigen Lösung, mit der die Biodiversität auf begrünten Dächern trotzdem deutlich erhöht wird. Das 72.500 m² große Industrie-Dach sollte sowohl ökonomisch als auch ökologisch nachhaltiger werden als ein „Standard“- Gründach. Der konzeptionelle Ansatz besteht darin, den Pflegeaufwand zu reduzieren und gleichzeitig die natürliche Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren zu erhalten und zu fördern.
Um auch Gräser und Kräuter ansiedeln zu können, die mehr Wasser und Nährstoffe benötigen, wurde die Substrat-Schicht erhöht und in unregelmäßigen Stärken aufgebracht. Durch die Hügel und Senken entstehen so magere bzw. reichere Standorte. Die Verwendung von örtlich vorhandenen Materialien reduziert nicht nur die Transportkosten, sondern hilft außerdem dabei die Pflanzen- und Bodenarten entsprechend der klimatischen Verhältnisse am Untermain abzubilden. Dazu gehören unter anderem die Hügelbildung aus vorhandenem Bodenmaterial sowie die Aufbringung von regionalem Schnittgut und den darin befindlichen Kräuter-Samen. Um möglichst vielfältige Habitate für Insekten aller Art zu schaffen, wurden außerdem mehrere Wasser- und Sandinseln, steinige Freiflächen und Totholzinseln angelegt.
Durch diese langfristig geförderte Vielfalt beschränkt sich der hohe Aufwand nur auf die Anfangszeit. Pflege- und Wartungskosten minimieren sich dauerhaft, sobald ein eigener Biorhythmus auf dem Dach entstanden ist. Das Ergebnis ist ein abwechslungs- und artenreicher Lebensraum, der sich selbst erhält und über die Jahre immer wieder neu definiert.
Auf einem für Besucher zugänglichen Rundweg über das Dach wird dieses Stück Naturraum erlebbar gemacht, das viele so noch nie gesehen haben - ein funktionierendes Ökosystem in luftiger Höhe. Die ökologischen Zusammenhänge werden auf einer Hinweis-Tafel erklärt, die zusätzlich Auskunft über die Geschichte des Ortes gibt.
In den vergangenen Jahren sind Themen wie Bienensterben, Feinstaub-Belastung in Großstädten sowie überlastete Kanalisationen durch Starkregen-Ereignisse immer präsenter geworden und haben sich zu einem globalen Problem entwickelt. Die Bedeutung des Umweltschutzes sowie die Notwendigkeit zur Schaffung von Ausgleichsflächen rücken dadurch auch beim Kunden immer stärker ins Bewusstsein. Mit diesem Musterdach möchten wir veranschaulichen, wie praktischer Umweltschutz aussehen kann und wieviel Potential die, in der Vergangenheit meist ungenutzten, Flachdächer bieten.
Generell bietet eine Begrünung für jedes Dach nur Vorteile:
Es entstehen kleine urbane Ökosysteme, die in unseren Städten als wichtige Trittsteine für Flora und Fauna fungieren.