Mobile vertikale Gärten

Das Verbundforschungsprojekt zwischen der Technischen Hochschule Bingen und den Unternehmen UDATA und Palaterra entwickelt und erprobt neuartige mobile vertikale Pflanzeninseln mit integrierten Regenwasserzisternen. Die Systeme sollen vor allem auf versiegelten und überhitzten Innenstadtflächen zum Einsatz kommen. Sie dienen der Verbesserung der Biodiversität und Aufenthaltsqualität.

Die Bewässerung erfolgt völlig autark über eine solarbetriebene Steuerung mit Mobilfunkanbindung. Mobile vertikale Gärten wirken synergetisch. 

Sie fördern:
• Naturschutz im urbanen Raum durch Erhöhung von Biodiversität,
• Klimaanpassung durch Verdunstungskälte an den Pflanzen und Wasserrückhalt bei Starkregenereignissen,
• Umweltschutz durch Luftbereinigung und Lärmreduzierung,
• Klimaschutz durch Absorption von CO2 (Pflanzenfotosynthese) und
• Nachhaltigkeit durch optimale Ressourcennutzung.
So werden Mensch und Natur in idealer Weise profitieren. Die Pflanzeninsel fördern zudem die globalen Nachhaltigkeitsziele und eignen sich zur Gestaltung neuer urban-ökologische Lebensräume, wie z. B. „Essbare Stadt“, „Shared Spaces“ oder mobile Parklets.

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Das ökologische Dilemma der Kommunen

Viele Kommunen sehen sich vor der Situation, dass innerstädtische Flächen, wie z.B. Marktplätze oder Fußgängerzonen, überwiegend versiegelt und nur wenig begrünt sind. Diese Flächen sind ökologisch überwiegend wertlos und heizen sich im Sommer besonders stark auf. Durch den Klimawandel wird diese Situation zusätzlich verschärft, so dass an Hitzetagen die Aufenthaltsqualität in diesen Bereichen stark abnimmt. Mögliche Lösungsansätze mit Dach- und Wandbegrünungen sind meist aufgrund des Denkmalschutzes oder der besonderen Bausubstanz nur schwer realisierbar. Außerdem sind die kühlenden Einflüsse der Dachbegrünung auf der Höhe der Fußgänger kaum spürbar. Die Wirkung der Wand- bzw. Fassadenbegrünungen ist meistens spürbar in der Nähe der begrünten Gebäude und nicht auf den offenen Flächen. Eine dauerhafte Begrünung mit Bäumen und Sträuchern steht wiederum in Konkurrenz mit anderen Flächennutzungen wie Markttage oder Straßenfeste. Zudem behindert die Infrastruktur im Untergrund das Ausheben von Pflanzlöchern. Diese Maßnahmen sind teuer und benötigen oft viele Jahre Planungszeit. Pflanzkübel oder Hochbeete sind eine mögliche Lösung. Jedoch benötigen diese im Verhältnis zur wirksamen Begrünungsfläche viel Fläche und der Pflege- und Bewässerungsaufwand ist arbeits- und kostenintensiv. Mobile vertikale Pflanzeninseln bzw. Vertikalgartensysteme bieten daher eine attraktive Alternative, versiegelte Innenstadtflächen möglichst rasch ökologisch aufzuwerten.

Technische Funktionsweise

Die innovativen Elemente des mobilen Vertikalgartensystem beruhen auf einem modularen Aufbau. Die mobilen Pflanzeninseln nehmen eine Grundfläche von 1 bis 3 m² ein und sind mind. 2 m hoch. Durch den Aufbau auf Paletten oder Rollwagen sind diese mobil und können räumlich flexibel eingesetzt werden. Die vertikale Bepflanzung erreicht je nach Konstruktion eine 3- bis 10-fache größere Begrünungsfläche im Verhältnis zur Grundfläche. So kann auf nur wenigen Quadratmetern Grundfläche eine große komplementäre Vielfalt unterschiedlicher Pflanzenarten gedeihen. Ein besonderes Augenmerk wird auf Blühpflanzen gerichtet, die über das Jahr hinweg als Weide für Wildbienen und andere Insekten dienen. Meist handelt es sich dabei auch um Duftpflanzen, die über das Jahr hinweg für den Menschen eine wechselnde optische und olfaktorische Bereicherung bieten. Auch essbare Pflanzen, Kräuter und Beeren sind im Ensemble integriert. Ein Insektenhotel fördert zusätzlich die innerstädtische Biodiversität.
Der erwünschte Kühleffekt an Hitzetagen wird durch den Schattenwurf der Pflanzeninsel und die Verdunstungskälte an der Blattoberfläche der Pflanzen ermöglicht. Außerdem wirkt die integrierte Zisterne für Regenwasser als kühlender Pufferspeicher während heißen Sonnentagen. In unmittelbarer Umgebung wird die Lufttemperatur um bis zu 2°C abgekühlt. Einige Systemvarianten sind seitlich mit einer speziellen Blüh- und Duftwiese zum Anlehnen versehen. Dort wird über die Oberfläche ein Abkühlungseffekt von bis zu 10°C erreicht, der direkt am Rücken der Besucher*innen erlebbar wird. Dies ist insbesondere auf einer innerstädtischen Fläche ein außergewöhnlich erfrischendes und entspannendes Erlebnis.
Eine weitere technische Besonderheit ist der den Einsatz von organischen und torffreien Substraten mit Nährstoffdepots. So werden lokale Stoffströme genutzt und der energetische und klimaschädliche Einsatz von Torf, künstlichen Substratersatzstoffen und Mineraldünger vermieden. Durch diesen innovativen Aufbau haben bereits einige Systeme noch vor Inbetriebnahme bis zu einer Tonne CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre entzogen.
Die Wasserversorgung der Pflanzen erfolgt über eine bis zu 1000 Liter fassende integrierte Zisterne, aus der gesammeltes Niederschlagswasser bedarfsgerecht im System verteilt wird. Wasser, dass nicht verdunstet, wird innerhalb des Systems im Kreislauf gehalten. Die Stromversorgung des Systems erfolgt über eine Solarzelle. Über das Mobilfunknetz kann mittels einer App das gesamte System beobachtet und gesteuert werden.

Benefits für Mensch und Natur

Die mobilen vertikalen Gärten können einen wertvollen Baustein zur Erhöhung der Biodiversität und Klimaschutz und -anpassung in Kommunen liefern. Die vielfältige Bepflanzung mit überwiegend mehrjährigen insektenfreundlichen Stauden und Kräutern sowie der Einsatz von organischen Substraten bieten ein Nahrungs- und Überwinterungsangebot für Wildbienen und andere Insekten. Durch die Beschattung und Verdunstung der Pflanzen werden der urbane Wärmeinseleffekt und die negativen Wirkungen von Hitzetagen abgemildert. Die Absorption von CO2 durch die Vegetation, der Schallschutz durch das System selbst, die Deposition von Schadstoffen durch die Pflanzen und die Zwischenspeicherung von Regenwasser sind weitere Synergieeffekte. Durch den Einsatz von organischen und torffreien Substraten mit Nährstoffdepots werden lokale Stoffströme genutzt. Der energetische und klimaschädliche Einsatz von Torf, künstlichen Substratersatzstoffen und Mineraldüngern wird vermieden. Die Systeme wirken wie ein Stück Wildnis in der Stadt und eignen sich so auch als ein Lern- und Erfahrungsort. Zugleich bieten sie in Kombination mit Sitzmöglichkeiten einen attraktiven Ort zum Wohlfühlen und zur Erholung.

Förderhinweis

Die Entwicklung und Erprobung der Prototypen wird durch das BMBF-Programm „KMU innovativ“ von Nov 2018 bis Nov. 2021 finanziell gefördert (FKZ 01LY1811A-C).

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Presse

Unternehmen:
Arbeitsgemeinschaft im Verbundprojekt der UDATA GmbH, der Technischen Hochschule Bingen und der Palaterra Vertriebs- und Beteiligungsgesellschaft mbH
Projekt:
Vertikale mobile Gärten als Instrument zur Anpassung an den Klimawandel im urbanen Raum und in Gebäuden – Entwicklung eines autarken modularen Systems (MobiGa)
Hauptverantwortlich:
Dr. Markus Dotterweich
Website: