Die Kernidee hinter dem Anlagenkonzept ist
die senkrechte Aufstellung spezieller Solarmodule, die das Licht von beiden
Seiten verwerten können („bifaciale“ Module). Die beiden Modulseiten sind nach
Osten bzw. Westen gerichtet, dadurch erfolgt die Stromproduktion, anders als
bei herkömmlichen Anlagen, vor allem am Vormittag bzw. Abend. So können höhere
Strompreise im Rahmen der Direktvermarktung im Marktprämienmodell erzielt
werden. Die Flächen zwischen den Modulreihen können weiter landwirtschaftlich
genutzt werden und die Blühstreifen bieten vor allem der bedrohten Insektenwelt
und Vogelarten Raum:
Ziel der Next2Sun GmbH ist es, der Energiewende einen neuen Baustein im Bereich Stromproduktion aus solarer Strahlungsenergie hinzuzufügen. Mit zunehmendem Ausbau erneuerbarer Energien verstärken sich die Unterschiede zwischen Zeiten hoher und niedriger Einspeisung aus Wind und Sonne. Bereits heute wird dies beinahe täglich in den Morgen- und Abendstunden sichtbar, wenn der Verbrauch hoch, die Einspeisung aus Solaranlagen aber gering ist: In diesen Zeiten treten die höchsten Strompreise auf und signalisieren damit Knappheit. Umgekehrt nehmen die Phasen sehr niedriger oder sogar negativer Preise um die Mittagszeit immer mehr zu und lassen ein Überangebot erkennen. Anlagen mit dem Next2Sun-Konzept speisen den Strom dann ein, wenn andere PV-Anlagen nur eine geringe Produktion aufweisen. Dadurch werden die Stromnetze, insbesondere in den unteren Spannungsebenen, stark entlastet. Die Anlagen können auch dort noch einspeisen, wo die Netze durch Wind- und konventionelle PV-Anlagen annähernd ausgelastet sind.
Das PV-System profitiert auch direkt vom Marktgeschehen: Derzeit erhält das Unternehmen in der Praxis 5 bis 10 % höhere Markterlöse im Vergleich zu konventionellen PV-Anlagen. Nicht nur beim Verlauf der Stromproduktion, sondern auch in der Höhe der spezifischen Erträge sind Next2Sun-Anlagen den klassischen, nach Süden ausgerichteten Anlagen um eine Länge voraus: Je nach verwendetem Modultyp werden 5 bis 15 % höhere Stromerträge pro kW erreicht. Das innovative Freiflächensystem ermöglicht gänzlich neue Ansätze zur Nutzung der Sonnenenergie v.a. auf landwirtschaftlichen Flächen. Das solide Stahlkonstrukt besteht aus Pfosten und Riegeln. Jeweils zwei Pfosten und drei Riegel tragen zwei liegend übereinander angeordnete bifaciale Glas-Glas-Module. Die Gesamthöhe des bifacialen Gestellsystems ist flexibel modifizierbar und hat i.d.R. eine Höhe von rund 3 m über Grund. Das Gestelldesign wurde auf einfache und flexible Montage sowie eine lange Haltbarkeit hin entwickelt. Zusammen mit den eingesetzten Glas-Glas-Solarmodulen ergibt sich eine sehr hohe Lebensdauer des Gesamtsystems. Das System ist auf hohe, vor allem aus Windlasten resultierende statische Anforderungen ausgelegt. Projektspezifische Anpassungen erlauben den Einsatz an nahezu jedem Standort weltweit. Für kleinere, standardisierte Systeme ist eine Typenprüfung nach EN 1991 in Vorbereitung.
Variable Reihenzwischenräume von 8 – 20 m ermöglichen weiterhin vielfältige landwirtschaftliche Nutzungskonzepte. Zudem ist das Freilandsystem für die Beweidung mit Rindern geeignet. Der schonende Umgang mit der Ressource Boden führt zu hoher Akzeptanz. Die Innovation ist grundsätzlich global anwendbar und ergänzt die bisherigen Möglichkeiten des Zusammenwirkens von Energie- und Landwirtschaft. Die Fläche eines Next2Sun Solarparks kann nahezu vollständig weiter für die Landwirtschaft genutzt werden. Für eine Anlage sind zudem in aller Regel keine größeren externen Ausgleichsflächen erforderlich, da die Anlagenfläche selbst ökologisch hochwertig gestaltet werden kann. So kann der „Flächenfraß“ weiterhin minimiert werden. Die mindestens 10 Meter breiten Reihenzwischenräume ermöglichen die Nutzung mit herkömmlichen Landmaschinen, sodass eine effiziente Arbeitswirtschaft gewährleistet bleibt. Mit üblichen Arbeitsbreiten können ca. 90 % der Solarparkfläche weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Je nach Anforderungen der Bewirtschaftung können die Abstände zwischen den Reihen auch individuell bis zu 20 Meter erweitert werden. Auch Weidewirtschaft ist möglich, indem die Anlage technisch entsprechend geschützt wird.
Verschiedene Arten der Grünlandnutzung bieten sich an:
• Mähwiesen (Heu- oder Silagenutzung)
• Weidewirtschaft (Rinder, Schafe o. ä.)
• Biomasse und stoffliche Nutzung
• Ackerflächen sind ebenfalls möglich
Je nach Nutzungsart werden die eingesetzten Maschinen (Beispiel: Schutz gegen Steinschlag), aber auch die PV-Anlage selbst (Beispiel: Schutz gegen Kabelbiss bei Weidewirtschaft) technisch angepasst, sodass die für den bewirtschaftenden Betrieb optimale Nutzungsart ermöglicht werden kann.
Durch die linearen Strukturen
und den geringen Überbauungsgrad entstehen hochwertige Altgrasbereiche, in denen
zusätzlich gezielt bestimmte Lebensraumstrukturen etabliert werden können. Die
großen Reihenzwischenräume bieten neben
der landwirtschaftlichen Nutzung auch Spielraum für Agrarumweltmaßnahmen oder
Ausgleichsmaßnahmen.
Durch die senkrechte Aufstellung der Modulflächen
wird die Wertigkeit der Bodenfläche kaum
beeinträchtigt:
Daraus resultiert ein sehr geringer Einfluss
auf die Vegetationsentwicklung. So können im Bereich der Modulreihen
Lebensräume geschaffen werden, die in unserer heutigen monotonen
Agrarlandschaft selten geworden sind:
Neben linearen können auch flächige Habitatstrukturen, wie z. B. Wildblumenwiesen auf der gesamten Parkfläche oder auf Teilflächen geschaffen werden. Das Anlagenkonzept ermöglicht es somit, auf die jeweiligen Projekt- und Standortanforderungen gezielt einzugehen.
Während die optische Fernwirkung vergleichbar mit konventionellen PV-Anlagen ist, zeigt sich das optische Erscheinungsbild im Nahbereich weniger technisch geprägt, da anders als bei konventionellen PV-Anlagen keine Modulrückseiten mit Anschlussdosen und Kabeln wahrgenommen werden. Insbesondere für die Vogelwelt stellt die geringe Überbauung einen sehr großen Vorteil dar - aus der Vogelperspektive betrachtet bleibt quasi die komplette Bodenfläche direkt einsehbar. Außerdem sind Blendwirkungen außerhalb des Solarparks so gut wie ausgeschlossen, da durch die senkrechte Bauweise alle Reflexionen - schon rein physikalisch bedingt - immer nur in Richtung Boden gehen können.
Im Eppelborner Ortsteil Dirmingen ist ein Solarpark der besonderen Art entstanden: In dieser Größe weltweit erstmalig werden Solarmodule nicht flach nach Süden geneigt, sondern senkrecht und nach Osten und Westen ausgerichtet. Der Solarpark Dirmingen, der auf rund sieben Hektar Fläche mit einer Leistung von ca. 2,0 Megawatt genug Strom für 700 Haushalte produziert, wurde im Rahmen der Aktionswoche 2018 „Das Saarland voller Energie“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr symbolisch in Betrieb genommen. Der Solarpark Dirmingen stellt ein Leuchtturmprojekt für die Energiewende dar. Das neue Anlagendesign schafft den Spagat zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Stromproduktion aus Sonnenenergie und bietet so einen Ausweg aus den zunehmenden Nutzungskonflikten auf der Fläche.